Kunst bei 38 Grad

Von Grevy KHM, Rundgang, Bericht With 0 Kommentare
Rundgang in der Kunsthochschule in Köln

Man muss nicht immer zur Biennale nach Venedig fahren, um zeitgenössische junge Künstler zu sehen. An diesem heißen Sommertag begrüßte uns Prof. Dr. Hans Ulrich Reck zum Premieren-Rundgang in der Kunsthochschule für Medien, KHM, im Filzengraben, ganz in der Nähe vom Heumarkt und dem alten Brauhaus Malzmühle. „Schauen Sie sich einfach das an, was Sie anspricht“  eine ungewöhnliche Ansage von einem promovierten Kunsthistoriker und Philosophen. Aber letztlich hat er Recht. So führte er uns in 45 Minuten zu den Kunstwerken, die ihn spürbar begeistert haben und dies erforderte - ähnlich wie in den Gärten der Biennale in Venedig - eine Route durch 4 Gebäude.

Alle vorgestellten Kunstwerke der Kunststudenten hatten eine Gemeinsamkeit: Sich der Realität der Medien zu stellen und gleichzeitig etwas Neues zu schaffen. Somit kreierten einige eine andere Betrachtungsweise auf Realitäten, Vergangenes oder Entwicklungen: Die Installation „TRAVELLING CINEMA“ (2015) mit den ursprünglichen Materialien der großen Filmemacher: Filmrollen, Filmbänder raschelten im Raum und wurden in ihrem Schattenspiel inhaltsleer durch alte ruckelnde Projektoren auf einen kleinen Ausschnitt einer unregelmäßig verputzten Wand geworfen. (Bild). Ein Film ohne Inhalt, aber die komplizierte Vorgehensweise der alten kunstvollen Filmemacher wird sofort präsent.

Roman Hahlbrock beschäftigt sich in seiner Arbeit auch mit dem Thema „Zeit“: „SCHRITTE“ (Papier) zeigt die Abdrücke von Schuhsohlen, die auf einer leichten Pappe im Lauf von einer bestimmtem Zeit auf einer Straße in Köln sich eingedruckt haben. Eine Abbildung des Alltags. Er hängt sie statt eines digitalen Fotos an die Wand. Man spürt bei der Betrachtung sich selbst. Wie oft sind wir unterwegs in der Stadt und denken gar nicht daran, wie viele Spuren wir hinterlassen.

A propos Spuren: Besonders beeindruckend fand ich die Arbeit von Christina Möser, die sich mit der Biographie ihres Großvaters, einem Cello-Künstler in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts beschäftigt hat. Sie hat sein Leben in einem Buch mit grafischen Erzählungen zusammengefasst, das die Diskrepanz zwischen einem freien Geist und dem Konflikt mit dem NS-System realistisch und respektvoll mit ihren Bleistiftzeichnungen – ähnlich einem sehr gut gezeichneten Cartoon – umsetzt. Als Ergänzung des Buches, das ich echt gern anschauen würde, zeigte sie das Setting der frühen 30er Jahre eines Künstlerwohnszimmers mit einem Cello.

Zum Abschluss wurden wir mitten in die Installation „about.salt.“ von Sanaz Azizi geführt und tappten vorerst im Dunkeln. Als die gut 10 minütige Video-Performance startete entfaltete sich der Reiz dieser sehr sinnlichen Installation. Das Video der zugrundeliegenden Tanz-Performance „Salt“ wurde auf ein ca 3 Meter hohes kristallartiges Raumobjekt projiziert. Beim Gehen durch den Raum knirschte das verstreute Salz unter den Schuhen. Der Geruch nach Salz und die Geräusche der gezeigten Tanzperformance rundeten diese gelungene multimediale Installation ab.  

Als ich bei 38 Grad auf dem Rad nach Hause radelte, musste ich nochmal kurz an meine Besuche bei der Biennale in Venedig und seine Lagunen denken und bog dankbar und inspiriert um an den Rhein, der Tag war erfrischend.

Text: Alina M.A.